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Zur Lage der Kunst

Brandrede am 26.02.2017

Ein Report. Report zur Lage der Kunst.

Die Kunst. Sie liegt. Aber wo? Liegt auf den schicken Divanen der großen Galerien und lässt sich genüßlich, ganz üppig, mit Weintrauben füttern. Verdattert. Schaut du und denkst — die ist aber fett geworden. Olle Schlampe. Hat sich bezahlen lassen, ganz gut. Viel zu gut. Ist banal geworden. Ist zum Geschäft geworden. Zur Aktie. Verhandlungssache. Nettes Beiwerk. Schön — wie das klingt: hübsches Bild. Hast Du fein gemacht, dressierter Dackel. Auf den Hinterpfötchen stehend, um Aufmerksamkeit bettelnd, noch ein Leckerli zugeschmissen bekommend.

Wenn es Kunst nicht mehr schafft Avantgarde zu sein, dann hat sie ausgedient. Avantgarde. Die Vorrauseilende. Schwerlich möglich: bequem auf dem Divan. Im Kuschelnest gefälligst gefällig. Zum guten Zwecke. Charity equals Publicity. Die Käuferschaft eingedenk. Angeschmust. Küsschen links, Küsschen rechts. Wenn es wenigstens noch Handwerk wäre — aber bewahre! Reproduktion. Provokation. Nicht alles was hinkt ist ein Göbbelsvergleich. Wenn ich im Ledermantel den Arm ausstrecke bin ich doch selbst das Kunstwerk und Millionen wert. Leider von Innen hohl wie der Weihnachtsmann. Nur eben nicht schokoladig. Ein Produkt. Medial vermarktet. Bestseller! Spiegel. Vorgehalten. Aber wem — sich selbst oder doch der Gesellschaft? Satire bis zum Abwinken. Selfie mit Gesellschaft. Guter. Der Besten. Wir haben die beste Gesellschaft. It's true.

Die Kunst. Sie liegt. Aber wo? Blutüberströmt in Hinterhöfen, zusammengeschlagen von Glatzen und von Scheinmoralisten als entartet erklärt. Da waren wir mal und keiner will dahin zurück. Dennoch lassen wir die Anfänge gewähren ohne uns zu wehren. Während andere Mauern bauen und Grenzen ziehen wollen, um das Denken einzuschränken und Menschen in Schubladen zu verpacken, hat die Kunst immer Augen geöffnet für Dinge die sonst keiner sah, weil die Welt noch nicht soweit war. Die Uhren vorwärts gedreht. Die Scheuklappen abgelegt.

Keiner denkt mehr an die Möglichkeiten! Es geht nicht um Visionen, sondern um Profite. So ist die Welt heute, mag mancher sagen. Wer Visionen hat gehört zum Arzt. Es ist nicht die Zeit in der die Kunst Narrenfreiheit mehr genießt. Künstler wollen nicht arm im Kämmerlein versauern und posthum für Phantasillionen gehandelt werden.

Rightly so! Now is the time. Die sozialen Plastiken sind längst in der Wertstofftonne verschwunden. Dabei entsteht das Beste Werk noch immer kommun. Wo geheime Dachböden gebaut werden, um Träume zu verstecken, vor Männern in grauen Anzügen. Wo berittene Prinzessinnen laut »Hüja!« krakeelen, bevor sie davon galoppieren. Wo Fallschirme springen um Behanglichkeit zu spenden gegen die Kälte. Wo Smilies in Beton gegossen durch die Landschaft rollen und nicht die eigentliche Botschaft ersetzen. Sie nicht buntplärrend uns Gefühle vorgaukeln, sondern wir vis-a-vis Tatsächliche finden. In und für einander. Wo wir mit Steinschleudern regenbogenfarbene Murmeln auf unsere Egos schießen. Damit sie Risse bekommen, die Schalen, die wir uns angelegt haben und laut krachend zerbersten. Wo Kunst auch ein Diskurs ist. Mit und ohne Wort. Über Worte hinaus. Denn dafür ist sie doch da! Die Kunst. Sie liegt. Aber wo? Am Herzen.

♹ Ende
Jedes Ende ist auch ein Anfang sagt man und es gibt nichts, das man ewig haben kann.