Sie wünschen?

iTablet

Ich bin überzeugt, dass wir innerhalb der nächsten Monate ein 10″-iPod-ähnliches-Gerät aus dem Hause Apple sehen werden. Zum Einen hält sich kein anderes Gerücht derart penetrant, zum Anderen finde ich, dass es sehr gut in das vorhandene Portfolio und die Marktstrategie — soweit ich mir da was zusammenreime — passt. Ein Gerät dieser Art wäre perfekt für die Couch im Wohnzimmer, den gemütlichen Platz im Café oder morgens beim Frühstück als Zeitungsersatz. Natürlich kann man das alles entweder mit dem iPhone oder aber dem MacBook(Pro) genauso handhaben und man findet zahlreiche Netbook-Schmähschriften in den Weiten des Netzes. Aber würde das iTablet wirklich in die Kategorie der Netbooks fallen?

Ihr Kindle-lein kommet.

Viel eher wird es Amazons Kindle und das damit verbundene eBook-Segment direkt angreifen. Amazon ist mit dem Kindle in die richtige Richtung gegangen. Sie haben den Plan nur schlampig ausgeführt. Niemand möchte heute mehr ein Gerät, das nur eine Funktion hat — das anzeigen von Texten — wenn es zusätzlich aussieht wie ein 20 Jahre alter Taschenrechner. Gerade bei Büchern ist das haptische Erleben besonders wichtig. Jeder passionierte Leser hat schon einmal ein Buch NICHT gelesen, weil er das Cover (und somit das gesamte Buch) doof fand. Ja, das gute alte Sprichwort zählt eben doch. Lesen ist ein sehr emotionales Empfinden und wenn man sich früher gemütlich mit einem zerknautschten Taschenbuch aufs Sofa gefläzt hat, dann will man eben das wieder tun, aber nicht mit einem Aparat, der einen an den tristen Büroalltag erinnert. Schmökert man sich in eine wunderbar-fesselnde Romanwelt muss das Trägermedium so unaufdringlich wie möglich sein. Bei einem handelsüblichen Buch ist man mit dem Text quasi allein. Natürlich gibt es die Seiten auf denen der Text steht, aber sie und die schwarzen Lettern bilden eine Einheit. Dinge stehen schwarz auf weiß. Die gedruckten Buchstaben sind das Schwarz. Das Papier ist das Weiß. Nichts ist überflüssig. Man nimmt die Seite selbst in die Hand, wendet sie. Kein unnötiger Balast. Form Follows Function.

Form Follows Function?

Beim Kindle ist das anders. Der Bildschirm ist zwar nicht allzu klein, aber er wirkt so. Der dicke, helle, weiße Rahmen drückt das Display rein optisch total zusammen. Die Tasten nehmen beinahe mehr Platz ein als das worum es mir eigentlich beim Lesen geht. Wenn ich mir nun wieder das iPhone beschaue bei dem der Bildschirm eigentlich das gesamte Gerät ist und sehe, dass man mit einer Hand voll kleiner Funktionstasten auskommt, dann weiß ich, dass ich mit so einem Gerät in größer gern auch längere Texte lesen würde. Einige Kindle-Reviews lassen schon jetzt das iPhone mit eBook-Reader besser abschneiden. Kritikpunkte am Kindle: Kontrast und Lesbarkeit nicht gut genug, Funktionsumfang zu gering. Da kann das Schweizertaschenmesser unter den Telefonen mit seinem gestochen scharfen Display natürlich punkten. Allein die Bildschirmgröße des Telefons schreckt ab und wenn man nun ein Produkt in seine Finger bekommen kann, dass sich ebenso hürdenlos bedienen lässt, wie der kleine Bruder, genauso an den iTunes-Store angeschlossen ist und dieser zu allem Überfluss dann auch noch Bücher und Magazine anbietet, dann hat man ein Device, dass leichtfüssig durch alle multimedial-kulturellen Inhalte tanzt und dazu musiziert.

Äpfel, Knochen, Karotten

Dass Apple der Musikindustrie einen weiteren Knochen oder eine neue saftige Karotte hinhalten will sollte auch niemanden wundern. Die armen, gebeutelten Schallplattenpresser müssen endlich auf den Trichter kommen, dass die Musikkunden gern bereit sind für ein Produkt zu zahlen, wenn sie im Gegenzug allerdings auch einen Mehrwert erhalten. Die Idee des Albums digital zu revitalisieren mit großem Cover, digitalem, animierten Booklet, Making Of oder was weiß ich lässt sich auf einem solchen Apparat wunderbar realisieren. Es wäre quasi wie geschaffen für den Coverflow. Auch Filme lassen sich so unterwegs sicherlich angenehmer gucken als auf dem (zu kleinen) Telefon oder dem (unhandlichen) Laptop.

Zehnfingersystem

Nun gibt es immer noch den großen Kritikpunkt der fehlenden Tastatur, den ich auch nur bedingt nachvollziehen kann. Beim iPhone hat es mich auch nicht gestört keine zu haben. Natürlich schreibe ich keine Romane am Telefon, weil man mit richtiger Tastatur einen viel höheren Wortdurchsatz schafft, und ich würde es total begrüßen, wenn man BlueTooth-Tastaturen ankoppeln könnte, aber ich denke auch, dass man bei dieser Art von Gerät einfach eine andere Art von Bedienung im Kopf haben muss. Selbst beim Surfen gebe ich kaum noch eine Adresse von Hand ein. Lesezeichen, Favoriten, RSS-Feeds, Twitter. Überall kriegt man den Kern des Internets frei Haus geliefert: den Link. Dafür benötige ich keine Tastatur. Sollte mal irgendwas nicht verlinkt sein ist man solange es Copy/Paste gibt auch in den meisten Fällen auf der sicheren Seite und um mal eben ein Google-Suchwort einzugeben oder einen kurzen Kommentar zu schreiben reicht auch das OnScreenKeyboard.

Wie im Restaurant

Sollte es dann noch — wie in einigen Leaks angekündigt — möglich sein das Tablet an den Rechner als zusätzliches Interface anzuschließen, dann präsentiert es sich erst recht nicht als Konkurrent, sondern sinnvolle Ergänzung zum Arbeitsplatzcomputer. Denn ein Tablett sollte tun, was ein Tablett am Besten tun kann: Servieren. Für Präsentationen im Kundenmeeting, in kleinen Schüler- oder Studentengruppen hat ein solches Device weit ab des Freizeitmarkts ein großes Einsatzspektrum. Erst kürzlich hat Gouverneur Schwarzenegger den Einkauf von Schulbüchern zu Gunsten von digitalen Medien reduziert — um Kosten zu sparen. Die Kosten spielen auch bei den Zeitschriften und Zeitungen in der letzten Monaten eine immer niederschmetternde Rolle und es wird schwierig dort den Gratistrend umzukehren, denn wer seine Zeitung als Zeitung liest, der hängt an dem sperrigen, schlabbrigdünnen Papierwust, wer hingegen sowieso digital liest, der wird nicht einsehen die Nachrichten im iTunesStore erwerben zu müssen. In diesem Bereich kommt es — wie schon so oft erwähnt — sehr auf ein gutes, neues Geschäftsmodell an.

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